Begriffsklärung und Ziele
Der Klassenrat fördert demokratisches Miteinander und Partizipation in der Nelson-Mandela-Schule. Er ist das gemeinsame Gremium einer Klasse und unterstützt das soziale Lernen.
In den fest im Stundenplan aller Schulklassen verankerten wöchentlichen Sitzungen beraten, diskutieren und entscheiden die Schülerinnen und Schüler auf einer sachlichen Ebene über selbst gewählte Themen: über die Gestaltung und Organisation des Lernens und Zusammenlebens in der Klasse und Schule, über aktuelle Pro-bleme und Konflikte, über gemeinsame Planungen, Aktivitäten, Projekte, etc.. Mehrheitsmeinungen werden akzeptiert, Minderheiten geachtet. Schülerinnen und Schüler erleben regelmäßig in ihrem Alltag, wie Diskussions- und Entscheidungsprozesse funktionieren.
So lernen sie im geschützten Rahmen des Klassenrates, selbst Demokratie zu gestalten. Dies ist Basis der De-mokratiepädagogik in unserer Schule. Gefällte Entscheidungen und daraus resultierendes Handeln/Verhalten wird regelmäßig reflektiert. Die gemeinsame Verantwortung ermöglicht eine demokratische Lebensform, die sich nicht nur positiv auf das Lernklima, sondern auch auf das gesamte Schulklima auswirkt.
Die Vergabe fester Ämter mit klaren Rechten, Anforderungen und Pflichten trägt entscheidend zum Gelingen des Klassenrates bei.
Der klar strukturierte Ablauf bildet ein Gerüst zur Meinungsbildung und für Entscheidungsprozesse, so erleichtert er den Schülerinnen und Schülern sich auf die Inhalte der gemeinsamen Diskussionen zu konzentrieren.

Wichtiges Lernziel im Klassenrat ist es, die Kompetenzen zu entwickeln, lösungsorientiert und am Thema zu diskutieren. Die Schülerinnen und Schüler trainieren ihre Kommunikationsfähigkeit und erwerben Sozialkom-petenzen: aktiv zuhören, fair vor anderen sprechen, fair miteinander diskutieren, sich eine eigene Meinung bilden und diese vertreten, Verantwortung für sich und andere übernehmen, Perspektiven wechseln, Aufgaben gerecht werden, demokratische Entscheidungen mittragen, etc.. Im Laufe der Zeit werden Verbesserungen der Kommunikationsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler festzustellen sein, da diese sich immer mehr daran gewöhnen, im Klassenrat frei und zu einem bestimmten Thema zu sprechen. So führt der Klassenrat zu einem bewussteren Zusammenleben und fördert die Gemeinschaft und die Schülerinnen und Schüler lernen für ihr ganzes Leben.
Die Wurzeln des Klassenrates liegen in der Freinet-Pädagogik, den Ansätzen der Individualpsychologie und der Demokratiepädagogik von John Dewey. Die Freinet-Pädagogik setzt auf Selbstorganisation und Eigenver-antwortung in einer Klassengemeinschaft.
Der Klassenrat findet von Beginn des fünften Schuljahres an im Klassenzimmer in einem Stuhlkreis oder in einer ähnlich aufgelockerten Sitzform statt. So wird der Unterschied zum regulären Unterricht deutlich.
Der Klassenrat dauert bis zu 45 Minuten, je nach Bedarf.

Die Kinder wurden in der Regel bereits in der Grundschule an den Klassenrat herangeführt. Ist dies bei einzel-nen Kindern nicht der Fall, so werden diese schrittweise nach dem hier vorliegenden Konzept im Klassenver-band mit ins Boot genommen und eingeführt, so dass sie erleben und erlernen, wie der Klassenrat funktioniert. Der Klassenrat wächst mit den Schülerinnen und Schülern und diese nehmen bewusst ihre soziale Umgebung und ihre eigene Rolle wahr. Eigene Anliegen werden erkannt und mit anderen besprochen. So entwickeln sich die Schülerinnen und Schüler durch „learning by doing“ zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern, die sich aktiv in Gesellschaft und Politik einmischen.
In Ausnahmefällen kann eine nicht zur Klasse gehörige betroffene weitere Person zu einer Klassenratssitzung eingeladen werden. Dieser Einladung kann, muss aber nicht Folge geleistet werden.

Themen im Klassenrat
Der Klassenrat dient der Klasse als Forum für sämtliche Anliegen: Vorschläge, Ideen und Wünsche, Probleme, Konflikte und Lösungen sowie Lob und positive Erfahrungen stehen idealerweise in einem ausgeglichenen Ver-hältnis. In der Regel achten wir auf die Einschränkung, dass ein Thema mindestens drei Schüler betreffen muss, so rücken Zweierkonflikte nicht in den Vordergrund. Selbst wenn manche Themen vielleicht banal erscheinen: Allein die Klasse entscheidet, was ihr wichtig ist. Jedes Anliegen der Schüler ist es wert, im Klassenrat bespro-chen zu werden, sonst würden sie es nicht einbringen.
Werden einmal keine Themen für den Klassenrat eingereicht, fällt die Sitzung nicht aus. Die Zeit wird stattdessen für Rückmeldungen oder für Trainings zum Klassenrat genutzt. Es wird geübt,
• wie die Schülerinnen und Schüler Redezeiten besser einhalten und den Klassenrat dadurch effektiver gestalten (Zeitmanagement).
• wie sie Protokolle führen (präzises Zusammenfassen längerer Gespräche).
• wie sie Konflikte lösen (Streitschlichtung).
• wie sie Hemmungen beim freien Reden überwinden und Gespräche führen (Kommunikationstraining).
Steht noch Zeit zur Verfügung, kann die Lehrerin/der Lehrer ein Thema in Reserve haben. Auch mit einem Blitzlicht können Themen gefunden werden, die vorher nicht eingebracht wurden, z. B. „Was gefällt mir gera-de in unserer Klasse?“ oder „Was missfällt mir im Moment in unserer Klasse?“. Daraus entstehen in der Regel Ideen und Vorschläge.
Weiterhin können Positivrunden durchgeführt werden, z. B.:
• Was ist uns heute im Unterricht oder in der letzten Woche gut gelungen?
• Was hat mir heute/gestern/am Wochenende/im Unterricht/in den Ferien gut gefallen?
• Was hat mir heute/ in dieser Woche gutgetan?
• Was gefällt mir an meiner Schule/an meinen Mitschülerinnen und Mitschülern/Lehrerinnen und Lehrern?
Weitere Themenvorschläge:
• aktuelle schulpolitische/politische Themen
• Arbeit der SV
• Ehrenämter
• Engagementprojekte
• Fernsehsendungen/Bücher
• Feste/ Religionen
• Geschlechterrollen
• Gewalt
• Gruppendruck
• Hobbys
• Kinderrechte/Menschenrechte
• Klassenraumgestaltung
• Klassenfahrten/Ausflüge
• Kulturprojekte
• Lernen, Lernmethoden
• Lerninhalte
• Miteinander trotz aller Unterschiedlichkeit
• Mitbestimmung
• Mobbing (allgemein)
• Ordnungsmaßnahmen
• Patenschaften
• persönliche Anliegen
• Regeln
• Rassismus
• Rechtsextremismus
• Sprache/n
• Sitzordnung
• Umgang miteinander
• Verantwortung
• Videos/Musik/PC/Smartphones/etc.
• Werte
• Zivilcourage
• .
(vergl. Hierzu: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/Demokratiebildung/Kapi-tel_3_aus_RAA-Broschuere.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.06.2019)

Qualitätsstandards einer demokratischen Schule
Bildungspolitisch orientiert sich der Klassenrat an den Qualitätsstandards einer demokratischen Schule. Wesentliche diesbezügliche Standards sind:
• Partizipation wird als ein Kinderrecht umgesetzt.
• Die Achtung demokratischer Werte wird reflektiert.
• Es wird respektvoll kommuniziert.
• Inklusion wird ermöglicht und gelebt.
• Verschiedenheit wird wahrgenommen.
• Die Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt wird gelernt.
• Beziehungslernen wird entdeckt.
• etc.

Ämter im Klassenrat
Einzelne Schülerinnen und Schüler übernehmen im Klassenrat Ämter, die von ausschlaggebender Bedeutung für sein Gelingen sind. Sie leiten die Sitzung, protokollieren die Ergebnisse, achten auf die Zeit und die Einhal-tung der Regeln. Die Übernahme eines Amtes ist Herausforderung, aber auch eine große Lernchance.
Eine Kassenratsleiterin/Ein Klassenratsleiter sollte:
• gut zuhören können.
• andere verstehen können.
• gut formulieren können.
• in der Klasse akzeptiert sein.
• Probleme erkennen können.
• sich durchsetzen können.
• Regeln einhalten und durchsetzen können.
• neutral sein können.
• planen können.
• genau arbeiten können.
Ämterkarten (Klassenratsleiter/in, Protokollant/in, Zeitwächter/in, Regelwächter/in) unterstützen, solange er-forderlich, die Schülerinnen und Schüler mit Hinweisen und Anleitungen. Zu Beginn des fünften Schuljahres werden natürlich die verschiedenen Aufgaben der einzelnen Ämter im Klassenverband besprochen.
Allen Schülerinnen und Schülern wird das erforderliche Handwerkszeug mitgegeben, damit sie die Ämter gut ausfüllen können. Bei Bedarf setzt sich die Klassenlehrerin/der Klassenlehrer mit ihnen zusammen und spricht mit ihnen noch einmal über die Ämter. Sollten einzelne Kinder zunächst noch überfordert sein, setzt sich die Lehrerin/der Lehrer oder eine andere Schülerin/ein andere Schüler daneben und helfen bei Schwierigkeiten.

Ablauf
Begrüßung
• Die Schülerinnen und Schüler stellen selbstständig einen Stuhlkreis auf.
• Die Lehrerin/Der Lehrer hilft bei Bedarf der Klasse, die Klassenratsleiterin/den Klassenratsleiter zu bestimmen.
• Die Klassenratsleiterin/Der Klassenratsleiter eröffnet den Klassenrat und benennt die weiteren Ämter.
• Ab sofort achtet die Regelwächterin/der Regelwächter auf die Einhaltung der vereinbarten Regeln.

Vorlesen des letzten Protokolls:
Wurden die Beschlüsse umgesetzt?
• Die Protokollantin/Der Protokollant liest die Beschlüsse des letzten Klassenrats vor. Die noch offenen Themen werden direkt in die neue Tagesordnung übernommen.
• Die Klassenratsleiterin/Der Klassenratsleiter fragt, ob alle Beschlüsse umgesetzt wurden. Falls nicht, werden diese Punkte in der aktuellen Tagesordnung ergänzt. Alle Schülerinnen und Schü-ler melden sich, wenn sie etwas sagen möchten.

Tagesordnung mit Zeiten festlegen
Die in der vergangenen Woche gesammelten Themenvorschläge (Briefkasten) werden vorge-lesen. Ist ein Anliegen für die Vorschlagende/den Vorschlagenden nicht mehr aktuell, wird es verworfen. Gibt es viele Vorschläge, kann gemeinsam über die einzelnen Themen abgestimmt werden, um eine Reihenfolge festzulegen.

Anliegen besprechen, Beschlüsse fassen
• Wer das Thema eingebracht hat, erläutert zunächst ihr/sein Anliegen.
• Die weiteren Beteiligten schildern ihre Sicht der Dinge/ihr Empfinden, so dass man sich jeweils in die Lage der verschiedenen Beteiligten hinein versetzen kann.
• Die Klasse bespricht und diskutiert im Anschluss das Anliegen.
• Die Klassenratsleiterin/Der Klassenratsleiter fragt die Klasse, welche Lösungs-/Beschlussvor-schläge es gibt (Brainstorming, evtl. pro Idee eine Karte,…).
• Die Klasse stimmt über die jeweiligen Vorschläge ab.
• Die Klasse überlegt, wenn ein Vorschlag angenommen wird, wie er umzusetzen ist.
• Die Zeitwächterin/Der Zeitwächter erinnert daran, die vereinbarten Zeiten einzuhalten.

Beschlüsse zusammenfassen, Klassenrat beenden
• Die Protokollantin/Der Protokollant liest fünf Minuten vor dem Ende der Sitzung alle von ihr/ihm schriftlich fixierten Beschlüsse vor.
• Die Klassenratsleiterin/Der Klassenratsleiter bedankt sich anschließend bei allen und beendet den Klassenrat. (https://www.derklassenrat.de/der-klassenrat/der-ablauf, zuletzt abgerufen am 15.06.2019)

Die Rolle der Klassenlehrerin/des Klassenlehrers

Der Klassenrat wird in der Regel mit der Klassenlehrerin/dem Klassenlehrer abgehalten. Diese sind natürlich im-mer Vorbild. Für die Lehrerin/den Lehrer bedeutet der Klassenrat eine Veränderung der Rolle. Sie/Er bringt den Schülerinnen und Schülern nicht bei, was sie im Klassenrat lernen, sondern steht ihnen anregend und unterstüt-zend bei der Gestaltung dieses Lern- und Erfahrungsraumes auf ihrem Weg zu eigenen Lösungen zur Seite. Die Schülerinnen und Schüler lernen dadurch, selbst Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen.
Auch die Lehrerin/der Lehrer meldet sich, wenn sie/er etwas in den Klassenrat einbringen möchte. Sie/Er greift in jedem Fall ein, wenn Themen besprochen werden, zu denen aufgrund der Werte der Schulgemeinschaft der Nelson-Mandela-Sekundarschule klar Stellung bezogen werden muss. Wenn Schülerinnen oder Schüler im Klassenrat Grenzen überschreiten, muss eingeschritten werden. Lehrerinnen und Lehrer haben eine Schutzfunk-tion. Sollte in Ausnahmefällen die Diskussion völlig aus dem Ruder laufen, wird interveniert, vor allem, wenn einzelne Schülerinnen oder Schüler ausgegrenzt oder gemobbt werden sollten. Solche Vorkommnisse werden als Anlass genommen, die gemeinsam vereinbarten Regeln mit der Klasse zu überprüfen.
Als Lehrerin/Lehrer sollte man die Schülerinnen und Schüler ermutigen, sich genau auszudrücken, aber selbst nicht zu schnell eingreifen. Erst, wenn sie/er oder die Zeitwächterin/der Zeitwächter merken, dass es zu lange dauert, kann auf einen kurzen Impuls hin zunächst die Klassenratsleiterin/der Klassenratsleiter versuchen, präzise zusammenzufassen, welches Anliegen die Schülerin oder der Schüler hat. Nur bei Bedarf hilft die Lehrerin/der Lehrer. Mit der Zeit werden die Schülerinnen und Schüler das bereits von ganz allein versuchen.

Einführung von Ritualen
Die Lehrerin/der Lehrer führt für ein wertschätzendes Gelingen des Klassenrates nötige Rituale ein.
Wird es einer Teilnehmerin/einem Teilnehmer des Klassenrates zu laut, hebt sie/er die Hand. Die anderen Beteiligten sehen dies, heben ebenfalls die Hand und stellen das Gespräch ein. Der Klassenrat geht erst in ruhiger Form weiter, wenn alle ihre Hand gehoben haben und es leise ist.
Falls einmal an einem Tag eine negative Grundstimmung vorherrschen sollte, wird zunächst eine Positivrunde durchgeführt, um die Atmosphäre aufzulockern und in eine positivere Richtung zu bewegen. Alle Beteiligten berichten der Reihe nach etwas Positives über die Woche oder zu einem vorher festgelegten Thema. Jeder sagt einen Satz, der sich möglichst von dem der Vorgängerin/des Vorgängers unterscheidet. Falls im Ausnahmefall eine Schülerin/ein Schüler sich nicht traut, etwas beizutragen, wird sie/er noch einmal durch freundliches Nach-fragen ermuntert. In der Regel kommt hier jede/jeder einmal zu Wort.
Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern können bei Bedarf weitere individuelle Klassenrituale entwi-ckelt werden.

Regeln
Der Klassenrat beschäftigt sich nur mit persönlichen, nicht mit anonymen Anfragen.
Wichtig ist, Kommunikationsregeln einzuführen, diese zu trainieren und auf deren Umsetzung zu achten. Nur so lernen heute die Schülerinnen und Schüler sich zuzuhören, ihre Bedürfnisse zu artikulieren und zu begründen, als auch die Probleme ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler zu verstehen. Auf dieser Basis lernen Schülerinnen und Schüler, konstruktive Kritik an Mitschülerinnen und Mitschülern zu üben.
Basisregeln sind:
• Ich höre zu, wenn ein anderer spricht.
• Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte.
• Ich spreche ruhig und höflich.
• Ich rede von mir, nicht über andere.

Reflexion des Klassenrates
Regelmäßig wird gemeinsam mit der Klasse der Klassenrat reflektiert. Was läuft gut, was kann/muss verbessert werden? Welche Lösungen gibt es? Die Schülerinnen und Schüler kommen dabei zu interessanten Ideen. Der Klassenrat ist für uns selbstverständlich und unverzichtbar, denn unter anderem dadurch wird Eigenverant-wortung und Mitbestimmung von klein auf ermöglicht und umgesetzt.

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