Vorbemerkungen

In der Schulpraxis setzt sich der Ansatz als didaktisches Prinzip der biografischen Berufswahlvorbereitung durch. Durch eine Verbesserung und Intensivierung der Berufswahlvorbereitung sollen die Voraussetzungen für fundierte und rationale Berufsentscheidungen der Jugendlichen geschaffen werden.
Biografische Berufswahlvorbereitung hat den Jugendlichen und nicht die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes als Ausgangspunkt. Sie akzentuiert die Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit des Jugendlichen. Im Mit- telpunkt steht die Hilfeleistung zur Selbsthilfe; diese verfolgt das Ziel, die Entscheidungsfähigkeit zur Gestal- tung der eigenen Berufsbiografie bzw. Lebensplanung zu fördern.

A

Das Ziel der Ich-Bildung ist auf die allseitige Persönlichkeitsbildung der Jugendlichen gerichtet. Die Jugend- lichen begreifen Berufsplanung als Element ihrer Lebensplanung und erkennen, dass die Berufswahl sowohl rationale als auch emotionale Komponenten mit einschließt.

Das Ziel der Selbsterfahrung und Selbstbewusstwerdung schließt vor allem die Ausprägung und Einschät- zung eigener Interessen und Ressourcen ein. Die Berufswählenden sind fähig und bereit, sich selbst differen- zierter zu sehen. Die Jugendlichen können einige im Hinblick auf die Berufswahl bedeutsame persönliche Eigenschaften und Merkmale bestimmen und bewerten. Sie richten im Prozess der Berufswahl ihre Blickrich- tung von ihren Stärken und Schwächen aus auf die Berufswahl und nicht umgekehrt.

Das Ziel der Erkundung der Arbeits- und Berufswelt ist darauf gerichtet, Strukturen aufzuzeigen, mit deren Hilfe die für die Berufswahl wesentlichen Realitäten der Arbeits- und Berufswelt erschlossen werden können.

Berufswahlorientierung muss an den individuell bedeutsamen sozialen Attributen von Berufen, d.h. an die den einzelnen Berufswähler tatsächlich interessierenden und mit der Berufstätigkeit verbundenen Arbeits- und Lebensbedingungen anknüpfen und diese, einem emanzipatorischen Erkenntnisinteresse folgend, zu verändern suchen:

Den ersten Schritt in einem derartigen Prozess bildet die Ausprägung beruflicher Wertemuster und Werthal- tungen. Darauf aufbauend kann dann in einem zweiten Schritt die wertorientierte Informationsbeschaffung und -verarbeitung, die Auswahl jener Handlungsmöglichkeiten, die sich in der kritischen Bewertung für die Realisie- rung der angestrebten Ziele am besten eignen, sowie schließlich die Berufsentscheidung erfolgen. Biografische Berufswahlvorbereitung betont die anzustrebende Übereinstimmung zwischen Persönlichkeits- eigenschaften der Berufswählerin/des Berufswählers auf der einen und den beruflichen Anforderungen auf der anderen Seite. Eingeschlossen in diesen Prozess sind beispielsweise die Entscheidung für eine Berufsaus- bildung, die Wahl eines Arbeitsplatzes, auch die Entscheidung für einen Berufs- bzw. Arbeitsplatzwechsel. Die Unsicherheit, Ratlosigkeit und Unwissenheit vieler Schülerinnen und Schüler in Fragen der Berufswahl verlangt, dass die Schule den Jugendlichen Hilfen gibt. Die spezielle Problematik und Verantwortung der Schule im Hin- blick auf diese Aufgabe besteht darin, dass ihre Hilfe einerseits den individuellen Voraussetzungen und Ansprü- chen des Menschen, andererseits den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gesellschaft Rechnung tragen muss. Von besonderer Bedeutung ist, dass der Berufswähler sich Klarheit über seine eigenen Wünsche, Fähigkeiten und Ziele verschafft und erkennt, dass er mit der Berufsentscheidung wesentlich über seine spätere Berufs- und Lebenszufriedenheit mit entscheidet.

Das Konzept widmet sich schwerpunktmäßig den Schülerinnen und Schülern und stellt sie in ihren biografi- schen Kontext. Mit der Betonung von biografischen Kontexten soll die Subjektposition der Berufswählerinnen und Berufswähler als Akteure gestärkt werden. Neben äußeren Lebensdaten sollen auch innere Entwick- lungen, markante Lebensereignisse und deren Bewältigung in den Prozess der Berufsfindung einbezogen werden.

Ein auf dem biografischen Berufswahlmodell aufbauendes ist das

Interaktions- und Kooperationsmodell der Berufswahl,

welches die Sekundarschule Remscheid als Grundlage und Zielsetzung ihrer Arbeit im Bereich der Berufswahl- und Lebensorientierung begreift. Wir gehen davon aus, dass Jugendliche bei der Berufswahl Aufgaben be- wältigen müssen, die sich einerseits innerhalb ihrer Person (intrapersonal) stellen und andererseits im Umgang mit anderen Personen (interpersonal) auftreten. Für beide Arten von Aufgaben müssen die Jugendlichen Bewältigungsstrategien entwickeln.

Damit ist der Berufswahlprozess nicht nur auf das Individuum zentriert, sondern vor allem auch ein „Interak- tionsprozess“. Hier setzt das sogenannte „Kooperationsmodell“ von ERWIN EGLOFF (1999) als ein weiteres didaktisches Modell der Berufswahlvorbereitung an.

Kerngedanke ist, dass die unterstützenden Kooperationspartner Eltern, Schule, Berufsberatung, Wirtschaft und Gesellschaft den Jugendlichen im Übergang rollen- und funktionsspezifische Hilfen bieten, um ihnen eine eigene und selbst verantwortete Entscheidung zu ermöglichen. Die Jugendlichen müssen sich mit allen am Berufswahlprozess Beteiligten, wie z.B. Schule, Betrieb, Arbeitsverwaltung auf institutioneller Ebene oder mit Lehrerinnen und Lehrern, Berufsberatern, Eltern, Mitschülern und Freunden auf personaler Ebene, auseinan- dersetzen. Die normativen Erwartungen der Interaktionspartner beeinflussen den Entscheidungsprozess des Berufswählers, indem sie dessen eigene Vorstellungen prägen.

Der Berufswahlprozess wird damit von unterschiedlichen personalen und sozialen Einflüssen mitbestimmt, die der Jugendliche abzuwägen hat.

Die Jugendlichen müssen zugleich erkennen, dass die am Berufswahlprozess Beteiligten sowie die Schule
mit dem Berufswahlunterricht, mit Betriebserkundungen und Betriebspraktika ihnen notwendige, nicht aber ausreichende Hilfe anbieten. Sie müssen das Info-Angebot der Berufsberatung nutzen und das beratende Ge- spräch mit den Eltern suchen. Den Schülerinnen und Schülern muss deutlich werden, dass Schule, Berufsbera- tung und Elternhaus sie bei ihren Berufswahlentscheidungen zwar beratend unterstützen können, dass diese Institutionen sie aber letztlich von der Verantwortung für ihre Entscheidungen nicht suspendieren können.

Entscheidend ist, dass der Jugendliche zunächst durch ICH-BILDUNG bzw. PERSÖNLICHKEITS- ENTWICKLUNG bei der Erlangung der Berufswahlreife unterstützt werden soll. Durch Selbsterfahrung lernt sich der Jugendliche kennen und kann so einen adäquaten Beruf suchen. Dabei kommen den unterstützenden Kooperationspartnern rollenspezifische Unterstützungsmöglichkeiten zu.

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